Ukraine-Krise: Sanktionen gegen russische Banken

Der Krieg in der Ukraine dauert nunmehr fast ein ganzes Jahr und die russische Föderation sieht sich als Aggressor mit immer neuen Sanktions-Beschlüssen der EU als auch den USA und anderen Ländern konfrontiert. Neben den generellen negativen Auswirkungen der Sanktionen auf die russische Wirtschaft ist vor allem das russische Finanzsystem und die in ihm eingebundenen Banken, hier vor allem deren Auslandsgeschäfte, in hohem Maße betroffen. Was sich dementsprechend auch auf die Kunden jener Banken im europäischen Ausland negativ auswirkt.

Welche Banken im Detail von den bisher getroffenen Sanktions-Maßnahmen (unter anderem dem Ausschluss aus dem SWIFT-System) innerhalb der Europäischen Union als auch global wie und in welchem Umfang betroffen sind, wie Kunden dieser Banken reagieren können, beleuchten wir in dem folgenden Artikel etwas genauer.

Sanktionen: Was ist das SWIFT-System?

Die Europäische Union (EU) und weitere Staaten (darunter die USA, Großbritannien und Kanada) haben im Rahmen der Sanktionen den Ausschluss der russischen Finanzinstitute aus dem SWIFT-System beschlossen. Die Banken Russlands sind damit von internationalen Finanzmärkten abgeschnitten.

SWIFT ist die Abkürzung für Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, d. h. es handelt sich um eine Organisation für den weltweit standardisierten Nachrichtenverkehr von Finanzinstituten. Mehr als 11.000 Banken (inklusive Broker, Börsen, Finanzdienstleister u.s.w.) in ca. 200 Staaten rund um den Globus nutzen das zugehörige Telekommunikationsnetz (SWIFTNet). Zudem bietet SWIFT entsprechende Software und Services für Finanztransaktionen an. Bekannt dürfte insbesondere der SWIFT-Code bzw. der BIC (Business Identifier Code) sein, den Institute innerhalb des Netzwerkes verwenden. Sitz der Organisation ist La Hulpe in Belgien.

Ein Ausschluss aus dem SWIFT-System bedeutet in erster Linie, dass russische Banken keinen Nachrichten- und Zahlungsverkehr mehr in diesem Netzwerk abwickeln können. Nachrichten zu Zahlungen, Kontoauszügen, Wertpapiertransaktionen und vielem mehr werden nicht mehr weitergeleitet. Die betroffenen Banken sind insofern vom internationalen Zahlungsverkehr isoliert. Geschäfte mit Instituten im Ausland können nicht mehr getätigt werden.

Welche Banken sind betroffen?

Die EU schließt aktuell die folgenden russischen Banken vom Finanznachrichtensystem SWIFT aus (Stand Ende Juni 2022):

  • Bank FC Otkritie
  • Bank Rossiya
  • Novikombank
  • Promsvyazbank
  • Sovcombank
  • Vnesheconombank (VEB)
  • Moskowskij Kreditnyj Bank (MKB)- Credit Bank of Moscow
  • VTB Bank
  • Sberbank (Sberbank CEO Herman Gref steht auf der Sanktionsliste der EU, Beschluss vom 8. April 2022)
  • JSC Rosselkhozbank (Russian Agricultural Bank)

Übrigens: Die Details der Beschlüsse finden sie in den Rechtsvorschriften im Amtsblatt 153 und Amtsblatt 63 der europäischen Union.

Desweiteren wurden bis zum 16. Dezember 2022 für die folgenden Banken seitens der EU ein vollständiges Transaktionsverbot verfügt:

  • Novikombank
  • Bank FC Otkritie (früher: Nomos Bank)
  • Sovkombank
  • VTB Bank
  • Sberbank
  • Credit Bank of Moscow
  • Dalnevostochny Bank, JSC (Fernöstliche Bank)
  • Russische Regionale Entwicklungsbank

Die Vermögenswerte dieser Banken in der EU wurden mit den entsprechend beschlossenen Sanktionspaketen eingefroren und es gilt ein direktes und indirektes Bereitstellungsverbot für Finanzmittel und wirtschaftliche Ressourcen. Dadurch werden die vorgenannten Banken vollständig von den EU-Kapitalmärkten abgeschnitten.

Folgende Banken sind von den USA und Großbritannien vollumfänglich sanktioniert:

  • Sberbank und Sberbank Europe AG (größte Bank Russlands)
  • Alfa Bank (größte Bank in Privatbesitz in Russland)
  • Moscow Credit Bank (sechstgrößte Bank Russlands)
  • VEB.RF
  • VTB (einschließlich 17 Tochtergesellschaften)
  • Bank FC Otkritie
  • Sovkombank,
  • Rosbank (USA: seit 15.12.2022)

Bis dato von den Sanktionen ausgenommene Bank in Europa:

  • East-West United Bank (EWUB) - Luxemburg

Nach den im Februar und März 2022 verhängten Sanktionen gegen die VTB und ihre Tochtergesellschaften, zu denen auch die ehemaligen Tochterbanken der sowjetischen Staatsbank Gosbank und später der russischen Zentralbank gehören, ist die East-West United Bank (EWUB) in Luxemburg nach der Liquidation der Gazprombank zur wichtigsten russischen Auslandsbank in Europa geworden. Seit Anfang April 2022 ist die russische Sistema und ihre Tochtergesellschaft East-West United Bank (EWUB) in Luxemburg nicht mehr wegen der russischen Einmischung in der Ukraine sanktioniert worden.

Neben der Sberbank betreffen die Sanktionen u. a. auch die russische VTB. Deren in Deutschland aktive Tochtergesellschaft VTB Direktbank, ein Teil der VTB Bank (Europe) SE, ist zwar offiziell noch nicht ganz so stark in Schieflage geraten, setzte aber zwischenzeitlich die Eröffnung neuer Konten aus. Gegenüber dem Handelsblatt erklärte ein Sprecher der deutschen Finanzaufsicht, dass die BaFin "aufgrund der aktuellen Situation […] in engem Kontakt zu der Bank" stehe. Bestandskunden, die nicht unter die Sanktionen fallen, könnten weiter über ihre Guthaben im Verfügen. Nichtsdestotrotz habe die Bafin die Aufsicht über die VTB Bank bereits intensiviert.

Sowohl die Sberbank Direct als auch die VTB Direktbank haben über Jahre hinweg mit überdurchschnittlich verzinsten Tagesgeld- und Festgeldangeboten Geld in Deutschland und Europa gesammelt. Bei der Sberbank gehen Experten von ca. 35.000 deutsche Konten und einem Guthaben von rund 1,1 Milliarden Euro aus. Die VTB Bank Europe verwaltete zuletzt ca. 4,73 Milliarden Euro an Kundeneinlagen (Geschäftsbericht 2020).

Ebenfalls auf dem europäischen Markt aktiv waren darüber hinaus die FIBR, ehemals die Amsterdam Trade Bank, und die East West Direkt. Die FIBR gehört mittlerweile zur ALFA-BANK JSC, der größten russischen Privatbank. Die East West Direkt aus Luxemburg ist Teil der Sistema JSFC, einer der größten börsennotierten Investmentgesellschaften Russlands.

Interessant ist die RCB Bank, die ehemalige Russian Commercial Bank, welche bis Februar 2022 noch anteilig der russischen VTB Bank gehörte. Letztgenannte veräußerte kürzlich ihre Anteile an Eigner aus Zypern. Damit ist die RCB Bank jetzt gänzlich in zypriotischem Besitz.

Aktuelles

Update: Sberbank Europe AG liquidiert (15.12.2022)

Die Sberbank Europe AG wurde liquidiert, die Bankkonzession erlosch mit 15. Dezember 2022. Damit ist das Bank-Institut Geschichte.

Update: Niederländische Amsterdam Trade Bank bzw. die FIBR Bank ist Pleite (25.04.2022)

Die Amsterdam Trade Bank (ATB), die seit kurzem auch unter dem Namen FIBR Bank firmierte, meldete Ende April 2022 Insolvenz an, wie u. a. Finanz-Szene vermeldete. Grund: Hinter der niederländischen Bank steht die Alfa Bank, die größte Privatbank Russlands und deren Gründer, der Oligarch Mikhail Fridman. Entsprechend wirkten sich die Sanktionen der westlichen Staaten auf die ATB aus.

Die Amsterdam Trade Bank war spezialisiert auf die Finanzierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie private Sparanlagen. Von der Pleite sind nach Angaben der De Nederlandsche Bank (DNB; die Zentralbank der Niederlande) rund 23.000 private Kunden betroffen - etwa ein Viertel (6.000) davon sind in Deutschland ansässig.

Wie in den anderen Fällen greift die staatliche Einlagensicherung (hier: der Niederlande) und schützt die Einlagen bis 100.000 Euro pro Kunde zu 100 Prozent. Mehr Infos stellt die DNB hier zur Verfügung.

Update: Bafin untersagt russischer VTB Muttergesellschaft Ausübung der Stimmrechte auf VTB Bank Europe (09.04.2022)

Die russische Außenhandelsbank VTB hat der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin zufolge keine Kontrolle mehr über ihre hiesige Tochter. Das ist die Konsequenz aus dem fünften Sanktionspaket der EU gegen Russland, das am 8. April 2022 verhängt wurde.

Die BaFin hat am 9. April 2022 der Muttergesellschaft aus Sankt Petersburg die Ausübung ihrer Stimmrechte bei der Tochter VTB Bank Europe untersagt. Das russische Geldhaus sei Gegenstand der neuen Sanktionen. Die Tochter dürfe keine Weisungen der Muttergesellschaft mehr befolgen, so die BaFin. Die Tochtergesellschaft ist vollständig abgeschirmt, Einleger können weiterhin frei über ihr Geld verfügen.

Update: VTB Bank (Europe) SE droht ebenfalls die Schließung (08.03.2022)

Nach Medienangaben sind die Aussichten auch für die VTB Bank (Europe) SE eher schlecht. Der Tochter der zweitgrößten Bank Russlands droht nach Informationen von "Der Standard" die Schließung. Das in Frankfurt am Main sitzende Institut ist ebenfalls stark von den Sanktionen betroffen.

Nach Informationen des Handelsblatts darf die Europa-Tochter der VTB inzwischen keine Gelder von Privatanlegern mehr einsammeln. Die Aufsichtsbehörden sollen einen Einlageaufnahmestopp erlassen haben. Die Bank selbst verwies in einem Statement auf ihrer Webseite zunächst darauf, dass die "wirtschaftliche Lage der VTB Bank (Europe) SE [...] stabil" und sie "voll funktionsfähig" sei. Einlagen bei der VTB seien über die gesetzliche Einlagensicherung in Deutschland und durch den Einlagensicherungsfonds des Bundes deutscher Banken (BdB) abgesichert.

Seit dem 7. März 2022 ist jedoch die telefonische Erreichbarkeit der VTB Bank (Europe) SE stark eingeschränkt. Per automatischem System werden Kunden aufgrund der "hohen Bearbeitungsrückstände" vertröstet. "[Es] kann es bis zu sieben Arbeitstage dauern, bis wir Ihre Anfragen beantworten können – mit jeder zusätzlichen Anfrage verzögert sich dieser Prozess", so die Ansage.

Update: Sberbank Europe AG geht in die Insolvenz (02.03.2022)

Am 28. Februar 2022 erließ der Einheitliche Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board, SRB) ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot (Moratorium) über die Sberbank Europe AG. Da deren Hauptsitz in Österreich liegt, erfolgte die Umsetzung über die Finanzmarktaufsichtsbehörde Österreich (FMA). Das Moratorium war zunächst befristet bis zum 1. März 2022, 23:59 Uhr und lief danach aus. Ausnahmen galten für Einleger erstattungsfähiger Einlagen zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs – allerdings begrenzt auf maximal 100 Euro pro Tag.

Nur knapp 24 Stunden später teilte die EU-Bankenaufsicht mit, dass die Sberbank Europe AG ein Insolvenzverfahren durchlaufen wird. Die beiden Tochtergesellschaften in Slowenien und Kroatien werden an lokale Banken veräußert. Auf eine Sanierung wird aufgrund des fehlenden öffentlichen Interesses verzichtet.

Im Rahmen der Insolvenz der Sberbank Europe AG greift die gesetzliche Einlagensicherung des entsprechenden Staates, in welchem die Bank angesiedelt ist (hier: Österreich). Anleger erhalten eine Entschädigung bis zu 100.000 Euro. Die österreichische Einlagensicherung schützt nach Angaben der BaFin auch die Einlagen deutscher Sparer, die ihr Geld über die Zweigniederlassung der Sberbank Europe AG (Sberbank Direct) in Frankfurt am Main angelegt haben.

Im eingetretenen Entschädigungsfall prüft die österreichische Entschädigungseinrichtung die Entschädigungsansprüche der Einleger unverzüglich und trifft geeignete Entschädigungsmaßnahmen. Die eigentliche Durchführung der Auszahlungen der Entschädigung für deutsche Kunden obliegt hingegen der deutschen Entschädigungseinrichtung. Ansprüche sind in der Regel innerhalb von sieben Tagen nach Feststellung des Entschädigungsfalls zu erfüllen.

Ratgeber zum Entschädigungsfall

Was passiert im Fall einer Bankenpleite? Worum müssen sich Sparer kümmern und was passiert automatisch? Da es in den letzten Jahren viele Sparer gab, die ihr Geld bei den Tochtergesellschaften russischer Banken geparkt haben, stellen sich diese Fragen derzeit. Wir haben die wichtigsten Details zur Einlagensicherung in EU-Staaten in unserem umfangreichen Ratgeber behandelt.

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