Anlageverhalten in Deutschland 2018

Seit einigen Jahren sinken die Sparzinsen in Deutschland stetig. Trotzdem gehören klassische Finanzprodukte wie Tagesgeld oder Sparbücher weiterhin zu den beliebtesten Anlagen. Wir haben das Anlageverhalten 2018 und die aktuelle Marktsituation in Relation zueinander gesetzt und versuchen, das Verhalten der Sparer zu erklären. Zudem stellen wir relevante Fragen: Wann gibt es eine Zinswende? Wie sieht derzeit eine ideale Anlage aus? Was ist der Anlagetrend 2018?

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Wie haben sich die Zinsen beim Tagesgeld zwischen 2010 und 2018 entwickelt?

Tagesgeldvergleich.net betrachtet seit mehr als zehn Jahren die monatlichen Durchschnittszinsen beim Tagesgeld in Deutschland. Für unsere aktuelle Betrachtung haben wir uns die Entwicklung der Sparzinsen im Zeitraum zwischen 2010 und 2018 angesehen – jeweils für den Januar eines Jahres und für Einlagen von 5.000 bzw. 50.000 Euro. Darüber hinaus betrachten wir die durchschnittlichen Top-5-Zinsen, d. h. die mittlere Verzinsung der besten fünf Angebote im jeweiligen Monat. Wie sich erkennen lässt, hätte ein Sparer im Januar 2010 einen durchschnittlichen Sparzins von 1,68 % erzielt. Im Januar 2018 sind davon noch 0,18 % übrig. Die Zinsen sind damit zwischenzeitlich um rund 89 % gesunken.

Der höchste Durchschnittszins in den betrachteten Monaten findet sich im Januar 2012. Gehen wir von diesem Wert aus, so liegt der heutige Zins von 0,18 % sogar mehr als 91 % niedriger.

Ziehen wir lediglich die besten fünf Tagesgeldkonten (Top-5) in den jeweiligen Januar-Monaten heran, ergibt sich ein ähnliches, wenngleich nicht ganz so drastisches Bild. Der höchste Top-5-Zins liegt mit 2,69 % im Januar 2012. Im Januar 2018 sind davon noch 0,81 % übrig – ein Minus von über 69 %.

Nachfolgend zeigen wir die Entwicklung der durchschnittlichen Tagesgeldzinsen für den Januar über die gesamten acht Jahre hinweg. Der Trend zeigt eindeutig abwärts. Den größten Einbruch gab es demnach zwischen den Jahresbeginnen 2011 und 2012. Von durchschnittlichen 2,10 % ging es runter auf 1,15 %, was einem Minus von rund 45 % entspricht. Bei den Top-5-Werten findet sich die größte Differenz zwischen 2012 und 2013. Hier ging es um 90 Basispunkte abwärts. Ein Verlust von mehr als 38 %. Die gesamte Zinsentwicklung findet sich in unserem monatlichen Tagesgeldindex.

Datum Tagesgeldzinsen (Durchschnitt)
5.000 Euro 50.000 Euro Top-5
Jan 10 1,68% 1,64% 2,22%
Jan 11 1,64% 1,55% 2,06%
Jan 12 2,10% 2,04% 2,69%
Jan 13 1,15% 1,16% 2,33%
Jan 14 0,70% 0,70% 1,43%
Jan 15 0,52% 0,51% 1,40%
Jan 16 0,39% 0,37% 1,25%
Jan 17 0,23% 0,23% 1,04%
Jan 18 0,18% 0,18% 0,81%
Stand: 03/2018

Zins-Entwicklung 2010 bis 2018

Tagesgeldzinsen im Durchschnitt 2010 bis 2018
Tagesgeldzinsen für Einlagen von 5.000 und 50.000 Euro: Entwicklung im Durchschnitt 2010 bis 2018 - Quelle: Tagesgeldvergleich.net
Tagesgeldzinsen Veränderung 2010 bis 2018
Tagesgeldzinsen für Einlagen von 5.000 und 50.000 Euro: Veränderung zum Stand von 2010 - Quelle: Tagesgeldvergleich.net

Auch für Banken sind niedrige Zinsen mitunter eine Herausforderung: In der nachfolgenden Grafik zeigt sich, wie die Nettozinsmarge von Spareinlagen (inkl. inklusive Erträgen aus Fristentransformation - Asset Liability Management) seit mehreren Jahren kontinuierlich zurückgeht. Der letzte Anstieg der Nettomarge war 2010 zu verzeichnen. Die letzte Aufwärtsbewegung des Sparzinses nach diesem Modell sogar 2008. Wie hier nachzulesen, hat sich der Abwärtstrend seit 2010/11 deutlich beschleunigt. Die Banken reagieren seither mit sinkenden Sparzinsen, wie der Blick auf die Daten belegt.

Ertragsanalyse: Spareinlagen inklusive Asset Liability Management
Quelle: Barkow Consulting "Credit Benchmark Model"

Inflationsrate beachten

Sehen wir uns die durchschnittlichen Tagesgeldzinsen an, so wird - wie erwähnt - ein deutlicher Abwärtstrend sichtbar. Allerdings raten Finanzexperten dazu, den Zins immer in Relation zur Inflation zu betrachten. Kurzum: Die Zinsen sollten aus Sicht des Sparers immer höher als die Inflationsrate liegen. Seit einigen Monaten gestaltet sich dieser Anspruch als eher schwierig. Im Februar 2018 lag die Inflationsrate in Deutschland bei 1,40 %. Der beste Anbieter beim Tagesgeld bietet derzeit indes lediglich 1,00 % und die Top-5-Anbieter im Durchschnitt gerade 0,79 %. Für das Jahr 2018 sehen wir zudem eine Entwicklung der Inflationsrate zwischen 1,80 und 2,00 % voraus, sodass sich mit klassischen Sparanlagen derzeit keine positive Realrendite erzielen lässt.

Seit 2017 lässt sich keine positive Realrendite mehr erzielen. In den Jahren zuvor (2010 bis 2016) war dies zumindest mit den durchschnittlichen Top-5-Angeboten regelmäßig weniger herausfordernd- Das bestätigt der Blick auf unsere Statistik. Mit den normalen Durchschnittszinsen beim Tagesgeld ließ sich hingegen seit 2010 kein solides Ergebnis mehr erzielen. Wir haben für die Statistik die jährlichen Durchschnittszinsen berechnet und mit der mittleren Inflationsrate des Jahres verglichen.

Jahr 5.000 Euro Top-5 Inflation Diff. 5.000 Euro - Inflation Diff. Top-5 - Inflation
2010 1,58% 2,06% 1,10% 0,48% 0,96%
2011 1,90% 2,41% 2,10% -0,20% 0,31%
2012 1,76% 2,49% 2,00% -0,24% 0,49%
2013 0,89% 1,75% 1,50% -0,61% 0,25%
2014 0,61% 1,37% 0,90% -0,29% 0,47%
2015 0,44% 1,21% 0,30% 0,14% 0,91%
2016 0,32% 1,14% 0,50% -0,18% 0,64%
2017 0,20% 0,90% 1,80% -1,60% -0,90%
Stand: 03/2018
Entwicklung Sparzinsen vs Inflation 2018
Quelle: Tagesgeldvergleich.net / Bundesbank
Realrendite 2010 bis 2017
Quelle: Tagesgeldvergleich.net / Bundesbank

Nach derzeitigen Prognosen wird die Inflationsrate in Deutschland 2018 eher steigen. Im Schnitt liegt die Inflation hierzulande bei 1,50 % (Januar + Februar 2018). Nachfolgend ein Blick auf die Entwicklung seit 2001.

Bedienhinweis: Einzelne Datenreihen lassen sich durch Klick auf die betreffende Überschrift aus- und wieder einblenden.

Quellen:


Sparer bevorzugen sichere Anlagen

Basierend auf den genannten Zahlen, stellt sich die Frage, inwieweit Sparer das sinkende Zinsniveau als kritisch ansehen. In einer aktuellen Erhebung zu Geldanlagen, deren Anschaffung in den nächsten zwei Jahren geplant sind, gehörten 2017 Tagesgeld- und Festgeldanlagen weiterhin zu den meistgenannten Antworten (Quelle: VuMA). 4,20 % der Bevölkerung benannten Festgeld als die am häufigsten geplante Anlage. Tagesgeld erzielte einen Anteil von 3,40 %. Aktien und Anteile an Investmentfonds lagen mit 2,80 % bzw. 2,50 % knapp dahinter. Dazwischen rangierten mit 2,70 % „andere Formen der Geldanlage“. Rund 70 % der Bevölkerung sahen keinen Anlass für eine weitere Geldanlage.

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Wir gehen davon aus, dass es durchaus einen Bedeutungsverlust des Tagesgelds als zinsorientierte Anlage gibt – dieser jedoch teilweise durch den Wunsch zum nachhaltigen Sparen ausgeglichen wird. Der Bedeutungsrückgang lässt sich z. B. an den früheren Umfragedaten ablesen. 2014 benannten noch 5,10 % der Bevölkerung ein Tagesgeld als geplante Geldanlage. 2015 sank der Wert auf 4,10 %, seit 2016 liegt der Wert bei 3,40 %. Die Angaben beim Festgeld sind zwar ebenfalls sinkend, aber mit Werten zwischen 4,50 % und 4,20 % vergleichsweise stabil. Angestiegen ist der Anteil an der Bevölkerung, der sich Aktienanlagen wünscht. 2014 lag der Anteil bei 2,60 %, 2017 bei 2,80 %.

Umfrage geplante Geldanlage in Deutschland 2017
Quelle: VuMA / IFAK; Ipsos; GfK Media and Communication Research

In einer weiteren Umfrage, welche durch den Verband der Privaten Bausparkassen initiiert wurde, findet sich Tagesgeld auf Platz 6. Gefragt wurde nach den aktuell genutzten Geldanlagen. Was zunächst mittelprächtig klingt, relativiert sich, wenn die Top-Nennungen aufgezählt werden. Die Teilnehmer der Umfrage nutzten offensichtlich das Sparbuch weiterhin am häufigsten (42 %), direkt gefolgt vom Girokonto (41 %) und dem Bausparvertrag (34 %). Auf den Plätzen 4 und 5 liegen Renten- bzw. Kapitallebensversicherungen (32 %) sowie Immobilien (26 %). Tagesgelder erzielen immer noch beachtliche 23 %. Aktien (15 %) und Investmentfonds (20 %) liegen deutlich dahinter.

Bemerkenswert an dieser Stelle: Hohe Renditen und attraktive Zinsen sind bei den meistgewählten Anlageformen eher zweitrangig. Stattdessen steht die Sicherheit im Fokus der Anlage. Risiken werden in der Regel vermieden.

Umfrage genutzte Geldanlage in Deutschland 2017
Quelle: VuMA / IFAK; Ipsos; GfK Media and Communication Research

Neugeschäftsvolumen vs. Zins

Zusätzlich zu den Umfrageergebnissen lohnt sich ein Blick auf das Neugeschäftsvolumen der Banken bei den täglich fälligen Einlagen privater Haushalte. Dieser Wert gibt in gewisser Weise Auskunft über die Spargewohnheiten der Deutschen. Zuletzt lag das Neugeschäft bei 1.319,396 Milliarden Euro (Stand: 01/2018). Zum gleichen Zeitpunkt 2010 gab die Bundesbank nur 667,262 Milliarden Euro an. Insgesamt bis heute ein Plus von mehr als 97 % von 2010 bis heute.

Bedenken wir die Aussage zum Zinstrend vom Beginn, ist dies – wir wiederholen eine Aussage aus den Vorjahren – eine eigentlich sehr irrationale Entwicklung. Die Zinsen sind auf Rekordtief, die Spareinlagen der Deutschen hingegen höher als je zuvor. Auch bei diesem Umstand spielt das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen eine nicht unwesentliche Rolle. Hinzu kommen u. a. die gute Konjunktur und die wachsenden Beschäftigungszahlen. Den Deutschen steht mehr Geld zur Verfügung.

Neugeschäft täglich fälliger Einlagen
Jan 2010 667,262 Mrd. Euro
Jan 2011 712,891 Mrd. Euro
Jan 2012 751,235 Mrd. Euro
Jan 2013 847,786 Mrd. Euro
Jan 2014 937,354 Mrd. Euro
Jan 2015 1.017,766 Mrd. Euro
Jan 2016 1.117,856 Mrd. Euro
Jan 2017 1.222,852 Mrd. Euro
Jan 2018 1.319,396 Mrd. Euro
Stand: 03/2018
Entwicklung Sparanlagen von Privatkunden 2010 bis 2018
Entwicklung Sparanlagen von Privatkunden 2010 bis 2018 - Quelle: Bundesbank

Hunderte Milliarden EUR an Rendite verschenkt

Der hohe Anteil von Bargeld und Einlagen bei Banken am Geldvermögen in Deutschland macht es schon sichtbar: Wirklich optimal legen deutsche Sparer ihr Geld nicht an. Das zeigen auch unsere nachfolgenden Berechnungen. Für diese betrachten wir den Zeitraum vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2017 und untersuchen die möglichen Renditen, die mittels Anlage auf einem Tagesgeldkonto oder an der Börse hätten erzielt werden können. Fürs Tagesgeld nehmen wir die Durchschnittszinsen aller Angebote sowie die Durchschnittszinsen der jeweils fünf besten Angebote für jeden Monat (ohne Zinseszins) und unterstellen, dass jährlich die Zinsen auf ein Verrechnungskonto ausgezahlt werden. Für den Börsenfall greifen wir auf den DAX30 und dessen Index-Entwicklung zurück. Gebühren werden vernachlässigt. Die Ergebnisse sind dennoch ernüchternd:

Wer am 1.7.2010 10.000 EUR angelegt hat, hat zum 31.12.2017

Anlage-/Sparform Endbetrag Rendite gesamt
Tagesgeld 10.770,58 EUR 7,71%
Tagesgeld Top5 11.337,67 EUR 13,38%
DAX 21.722,00 EUR 117,22%
Quellen: eigene Berechnungen, Finanzen.net

Aus den zum 01.01.2010 vorhandenen 667,262 Mrd. EUR täglich fälligen Einlagen wären bis 31.12.2017 geworden:

Anlage-/Sparform Endbetrag
Tagesgeld 718,680 Mrd. EUR
Tagesgeld Top5 756,519 Mrd. EUR
DAX 1.449,427 Mrd. EUR
Quellen: eigene Berechnungen, Finanzen.net

Mehr als 730 Mrd. EUR haben Sparer seit Januar 2010 hypothetisch verschenkt, weil sie ihr Geld lieber zu Bank getragen haben, anstatt es an der Börse anzulegen.

Infografik zu verschenkten Renditen und Zinsen deutscher Sparer
Quellen: eigene Berechnungen, Finanzen.net

Fazit: Der Mix macht's weiterhin

Wir können unsere Aussage aus den Vorjahren wiederholen. Sparer hierzulande sehen die anhaltend niedrigen Zinsen sicherlich äußerst kritisch. Auf der anderen Seite sind deutsche Anleger sehr sicherheitsorientiert, weshalb riskantere Anlagevarianten nur langsam und überschaubar an Zuspruch gewinnen. Je niedriger aber die Zinsen für täglich fällige Anlagen sind, desto dringender sollten sich Anleger nach Alternativen umsehen.

Wir haben am Anfang gefragt, ob sich ein Tagesgeld überhaupt noch lohnt? Antwort: Wir raten weiterhin dazu, wie die meisten Finanzexperten, bis zu drei Monatsgehälter als täglich verfügbare Anlage als Tagesgeld bereitzuhalten. Eine Rücklage, die dafür dient, kurzfristige Kosten zu decken, z. B. Reparaturen oder dringende Anschaffungen.

Alternativ sind Festgeldkonten mit kurzen Laufzeiten eine interessante Zinsanlage. Drei bis 24 Monate sind ideal, wenn das Geld nicht anderweitig benötigt wird. Steigen die Zinsen künftig wieder an, kann der Sparer flexibel genug reagieren. Tipp: Die besten Zinsen gibt es derzeit im EU-Ausland, wie unser Festgeldvergleich zeigt. Wir weisen allerdings daraufhin, dass selbst mit den bestverzinsten Festgeldern bei kurzen Laufzeiten keine Aussicht auf eine positive Realrendite besteht. Indes ist eine 100%ige Sicherheit gewährleistet. Ein Argument, dass viele Sparer mehr überzeugt, als die Renditeaussichten.

Nicht von der Hand zu weisen ist der Umstand, dass Fonds und Wertpapiere langfristig eine sinnvolle Angelegenheit bzw. Anlage darstellen. So stand z. B. der DAX im Januar 2010 noch bei 5.975,52 Punkten (Stand: 04.01.2010 – Eröffnungskurs) bzw. 6.048,30 Punkten (Schlusskurs). Zum Zeitpunkt unserer Erhebung im März 2018 lag die Marke gerade über 12.000 Punkte – ein Plus von über 100 % (!). Sicherlich bedeuten Aktien immer ein gewisses Risiko, aber bestehendes Kapital lässt sich hier mit der höchsten Renditechance anlegen. Wer über lange Zeiträume hinweg plant, muss sich auch hinsichtlich von stärkeren Kurskorrekturen nur wenig Gedanken machen.

DAX - Kursentwicklung
Datum Kurs Veränderung zu 2010
Jan 2010 6.048,30 -
Jan 2011 6.989,74 15,57%
Jan 2012 6.075,52 0,45%
Jan 2013 7.778,78 28,61%
Jan 2014 9.555,91 57,99%
Jan 2015 9.764,73 61,45%
Jan 2016 10.283,44 70,02%
Jan 2017 11.598,33 91,76%
Jan 2018 12.871,39 112,81%
Stand: 03/2018
Statistik DAX 2010 bis 2018
Statistik DAX Kurs für den Monat August 2010 bis 2018

Tipp:
Wir empfehlen für Einsteiger vor allem Fonds- oder ETF-Sparpläne. Diese lassen sich bereits ab geringen Beträgen (25 bis 50,- Euro im Monat) besparen und sind vergleichsweise kostengünstig. Einzelwerte sind dagegen nicht unbedingt geeignet. Mehr dazu finden Sie in unserem Sparplan-Vergleich.