Robo-Advisor
Zinsen seit Jahren im Sinkflug, was tun?
Mit welcher Anlageform lässt sich noch eine auskömmliche Rendite erzielen? Diese Frage treibt immer mehr Zinssparer und Anleger um. Das Dilemma lässt sich in etwa so zusammenfassen: Die Zinsen für Spareinlagen sind seit 2009 um mehr als 90 Prozent gesunken, die Anleihenkurse so gestiegen, dass mehr Abwärtsrisiko als Aufwärtschancen bestehen, neue Bundesanleihen notieren für kurze und mittlere Laufzeiten glattweg mit negativer Rendite und auch am Immobilienmarkt kann von normalen Preisen und Renditen keine Rede mehr sein. Bleiben nur noch Aktien, deren Bewertung sich zwar bereits über dem langfristigen Durchschnitt befindet, die in Relation zu Anleihen und Sparzinsen jedoch noch günstig sind.
Das Problem: Welche Aktien kaufen?
Ein Depot bei der Hausbank oder einem der zahlreichen Online-Broker ist schnell eröffnet. Doch welche Aktien oder Aktienfonds soll man nun kaufen? Wie finde ich überhaupt geeignete Werte und nach welchen Kriterien wählt man sie aus? Wie baut man als Laie ein Portfolio auf, welches einem bei Turbulenzen an der Börse nicht gleich um die Ohren fliegt?
Die Lösung: Robo Advisor
Ein Robo Advisor, was ist das? Wenn Sie noch nie etwas davon gehört haben, dann sind Sie nicht alleine. Robo Advisor machen sich seit einigen Jahren daran, die klassische Vermögensverwaltung und Anlageberatung zu ersetzen. Dabei setzen sie auf Algorithmen und mathematische Modelle, nach denen sie Geld möglichst automatisiert anlegen – meist in ETFs, also Indexfonds, bei einigen Anbietern auch in aktiv gemanagte Fonds. Klingt auf den ersten Blick kompliziert, birgt für Anleger aber einen großen Vorteil: er muss aus den angebotenen Anlagestrategien nur die für ihn passende auswählen, den Rest übernimmt der Robo Advisor.
Robo Advisor im Vergleich
Wie finde ich einen passenden Robo Advisor?
Finanzanlagenvermittler oder Finanzportfolioverwalter?
In Deutschland müssen Robo Advisor mindestens eine Genehmigung gemäß § 34 f der Gewerbeordnung (GewO) haben. Dann gelten sie als Finanzanlagenvermittler. Interessant sind Anbieter, die eine BaFin-Lizenz (in Deutschland ansässige Anbieter) oder CSSF-Lizenz (in Luxemburg ansässige Anbieter) vorweisen können. Diese dürfen als Finanzportfolioverwalter nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) die betreuten Depots auch aktiv managen. Letztere haften auch bei Beratungsfehlern – für Anleger ein großer Pluspunkt. Wir empfehlen daher, ein Depot bei einem Robo Advisor mit BaFin-Lizenz zu eröffnen.
Verrechnungskonto bei einer Bank in Deutschland
Auf dem Verrechnungskonto liegt das Geld, welches vom Robo Advisor gerade nicht investiert wurde. Dazu muss man wissen: nur in den seltensten Fällen ist ein Anleger voll investiert. Ein gewisser Prozentsatz an Liquidität ist schon daher nötig, um Chancen kurzfristig ergreifen zu können – oder einem schwachen Börsenumfeld geschuldet. Umso wichtiger ist es, dass auf dem Verrechnungskonto liegende Geld geschützt ist. Bei Banken in Deutschland und auch in der EU ist das durch die gesetzliche Einlagensicherung bis zu einer Höhe von 100.000 Euro pro Kunde und Bank gewährleistet. Wird das Verrechnungskonto ihres Robo Advisors außerhalb der EU geführt, muss ein solcher Schutz nicht zwangsläufig gegeben sein. Achten Sie daher bei der Auswahl darauf, dass das Verrechnungskonto am besten bei einer deutschen Partnerbank eröffnet wird.
Welche Kosten und Gebühren fallen bei einem Robo Advisor an?
Die Gebühren der Robo Advisor können sich aus den folgenden Bausteinen zusammensetzen:
- Jahresgebühr in Form eines Prozentsatzes der Anlagesumme
- Fondsgebühren
- Transaktionskosten
- Gewinnbeteiligung
Die Gesamtkosten liegen im Durchschnitt aller von uns verglichenen Anbieter bei 1,00 Prozent pro Jahr, wobei die Spanne der Kosten von 0,39 Prozent bis 1,27 Prozent reicht. Jetzt könnte man sich natürlich für den Anbieter mit den niedrigsten Gesamtkosten entscheiden. Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn hinten kackt bekanntlich die Kuh. Auf unsere Robo Advisors übersetzt: die Rendite nach Abzug der Kosten ist als Auswahlkriterium wesentlich interessanter. Das bringt uns direkt zur Frage:
Welche Rendite kann ich erzielen?
Grundsätzlich lassen sich bei Aktien und Fonds Prognosen über die zukünftigen Renditen nur aus den in der Vergangenheit erzielten Renditen ableiten. Eine genaue Vorhersage kann niemand seriös treffen. Aussagen der einzelnen Robo Advisor zur Rendite ihrer angebotenen Strategien basieren daher auch immer auf Daten aus der Vergangenheit und werden oftmals ohne Abzug von Kosten und Gebühren ermittelt.
Darüber hinaus hängt die mögliche Rendite auch von der Risikobereitschaft des Anlegers ab. Wer ein ausgewogenes Portfolio mit einem Aktienanteil von maximal 50 Prozent wählt, muss mit einer niedrigeren Rendite rechnen, als ein Anleger, der eine offensive Ausrichtung mit höherer Aktienquote wählt.
Auch die Wahl der Märkte und Themen, in die verschiedene Robo Advisor bei selber Aktienquote investieren, wird zu unterschiedlichen Renditen führen. Ein ETF auf den MSCI World wird sich anders entwickeln als einer auf den Dow Jones Industrial Average Index.
Um Anlegern die Wahl des besten Robo Advisors zu vereinfachen, führt die Redaktion unseres Schwesterportals Brokervergleich.de seit Mai 2015 den nach wie vor einzigen Echtgeld-Test in Deutschland durch. Echtgeld bedeutet: es werden echte Depots bei jedem Anbieter eröffnet, eine ausgewogene Anlagestrategie ausgewählt und echtes Geld investiert. Monat für Monat wird dann die erzielte Rendite aller Anbieter NACH Abzug von Kosten und Gebühren ermittelt und veröffentlicht. Die Performance aller am Test teilnehmenden Robo Advisor können interessierte Leser den beiden nachfolgenden Diagrammen entnehmen:
Performance der Robo-Advice-Anbieter im Zeitverlauf seit 1.Mai 2016
Performance der Robo-Advice-Anbieter im Zeitverlauf seit 1.Mai 2015
Hinweis: Als Benchmark 1 dient eine Kombination aus 50 Prozent MSCI World (Aktien) und 50 Prozent Barclays Aggregate Bonds (Anleihen), Benchmark 2 ist ein Portfolio nach Kommer-Strategie.
Ist mein Geld bei einem Robo Advisor sicher?
Die Frage der Sicherheit muss bei Aktien und Fonds in mehrere Bereiche unterteilt werden:
- Sicherheit des Geldes auf dem Verrechnungskonto
- Sicherheit des Wertpapierdepots
- Sicherheit der Geldanlage an sich
Sicherheit des Geldes auf dem Verrechnungskonto
Geld, welches sich auf dem Verrechnungskonto der Partnerbank oder des Brokers befindet, unterliegt bis zur Sicherungsgrenze von 100.000 Euro pro Kunde und Bank der gesetzlichen Einlagensicherung über die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB). Ist die Bank darüber hinaus Mitglied in einem der freiwilligen Sicherungssysteme – etwa dem des Bundesverbandes deutscher Banken, ist die (theoretische) Sicherungsgrenze noch deutlich höher. Wichtig: Ein Rechtsanspruch auf Entschädigung besteht nur im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung! Da diese EU-weit normiert ist, sehen wir Einlagen bis 100.000 Euro pro Kunde und Bank in jedem EU-Mitgliedsstaat als sicher an.
Da sich Anleger im Entschädigungsfall mit der Entschädigungseinrichtung des jeweiligen Landes in Verbindung setzen müssen, empfehlen wir schon aus Gründen des einfacheren Schriftwechsels, einen Robo Advisor zu wählen, bei dem das Verrechnungskonto von einer in Deutschland ansässigen Bank geführt wird.
Sicherheit des Wertpapierdepots
Das bei einem Robo Advisor oder dessen Partnerbroker in Deutschland geführte Wertpapierdepot wird gemäß § 92 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) als Sondervermögen getrennt vom übrigen Vermögen geführt und ist daher auch im Falle der Insolvenz der Bank oder des Brokers geschützt.
Sicherheit der Geldanlage an sich
Die Sicherheit der Geldanlage an sich ist ein anderes Thema. Aktien und Fonds gehören in die Risikoklassen zwei bis vier der fünf Risikoklassen bei Geldanlagen. Dabei gilt: je höher die versprochene Rendite, desto höher das dafür einzugehende Risiko. Diesem Umstand wirken Robo Advisor entgegen, indem sie a) keine Wunderrenditen versprechen und b) Modelle zur Risikosteuerung und -begrenzung einsetzen. Einen Überblick über die verschiedenen Risikoklassen sowie die dazugehörige Risiko-Rendite-Matrix liefert unser Ratgeber zum Thema sichere Geldanlage.
Darüber hinaus wird bei ausgewogenen Portfolios nur in etwa die Hälfte des angelegten Geldes in Aktien investiert. Als weitere Anlageklassen stehen Renten (Anleihen), Rohstoffe, Edelmetalle und natürlich Cash, also Kassenbestand, zur Verfügung.
Robo Advisor, die von der BaFin als Finanzportfolioverwalter nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) zugelassen sind, können aktives Portfoliomanagement betreiben. Sagen deren Modelle etwa einen mittelfristigen Wechsel von steigenden hin zu fallenden Kursen an den Börsen voraus, können sie bereits im Voraus die Aktienquote senken und so Verluste vermeiden.
Auch aus diesem Grund empfehlen wir, einen Robo Advisor zu wählen, der eine Zulassung als Finanzportfolioverwalter nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) hat.
Warum setzen Robo-Advisors auf ETFs oder aktiv gemanagte Fonds?
An der Börse und bei der Geldanlage generell gilt: nicht alle Eier in einen Korb legen. In Bezug auf Aktien heißt das: auf verschiedene Werte, Märkte, Länder und Themen streuen. Je breiter die Streuung, desto geringer die Auswirkungen, die von der Entwicklung einer einzelnen Aktie ausgehen.
Eine breite Streuung im Depot ist wichtig
Unser nachfolgendes Beispiel verdeutlicht dies anhand eines Depots mit einem bis hin zu 200 Werten, von denen alle Werte im Durchschnitt 5,00 Prozent Rendite pro Jahr erzielen, ein Wert aber einen Kursverlust von 90 Prozent wegstecken muss. Ist das der einzige Wert im Depot, sieht es finster aus. Selbst bei zehn Werten, die jeweils zehn Prozent des Depots ausmachen, würde ein neunzigprozentiger Kursverlust eines Wertes in unserem Beispiel zu einer Rendite von -4,50 Prozent führen. Teilt sich das Portfolio hingegen gleichmäßig auf 100 Werte auf, führt der neunzigprozentige Kursverlust des einen Wertes aus unserem Beispiel nur noch zu einem Rückgang der Rendite von 5,00 auf 4,05 Prozent.
Anzahl Positionen im Depot | Anteil jedes Einzelwertes | Rendite bei 90% Kursverlust eines Wertes |
---|---|---|
1 | 100,00% | -90,00% |
2 | 50,00% | -42,50% |
5 | 20,00% | -14,00% |
10 | 10,00% | -4,50% |
25 | 4,00% | +1,20% |
50 | 2,00% | +3,10% |
100 | 1,00% | +4,05% |
200 | 0,50% | +4,53% |
300 | 0,33% | +4,68% |
500 | 0,20% | +4,81% |
1.000 | 0,10% | +4,91% |
Quelle: eigene Berechnungen |
Die große Anzahl der umfassten Einzelwerte ist einer der Gründe, weshalb Robo Advisors fast immer auf ETFs oder aktiv gemanagte Fonds setzen. Gleichzeitig muss nur eine Position (eben der ETF oder aktiv gemanagte Fonds) gekauft werden. Im Vergleich zum Kauf hunderter Einzelwerte eine enorme Kostenersparnis bedenkt man, dass zum Beispiel der MSCI World als internationaler Aktienindex mit Stand 30. Juni 2017 ganze 1.656 Unternehmen aus 23 Industrieländern umfasst.
Gleichzeitig lassen sich mit ETFs und aktiv gemanagten Fonds kostengünstig und einfach Themen, Branchen oder Länder abdecken. Um im Depot beispielsweise das Thema Infrastruktur abzudecken, muss der Anbieter nicht mühselig alle in Frage kommenden Einzelwerte zusammensuchen und kaufen, sondern setzt einfach auf einen oder einige wenige Branchen- bzw. Themen-ETFs.
ETFs oder aktiv gemanagte Fonds = Kostenersparnis beim Kauf und Verkauf gegenüber einer großen Anzahl an Einzelwerten
Interesse und Bekanntheit
Wie hat sich die Bekanntheit von und das Interesse an Robo-Advisors bei Anlegern in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt? Um diese Frage zu beantworten, greifen wir auf zwei Datenquellen zurück: Google Trends und den Google Keyword-Planer, der das durchschnittliche Suchvolumen pro Monat nach dem Begriff angibt.
Google Trends - Robo-Advisor vs. Anlageberatung
Google Trends zeigt ein seit 2015 ansteigendes Interesse, welches - von einem Hoch im August 2018 ausgenommen - seit Mitte 2017 seitwärts verläuft. Spannender als die reine Entwicklung des Interesses an Robo-Advisors ist für uns aber der Vergleich mit der Anlageberatung, die selbige ja online übernehmen wollen. Wir haben daher bei Google Trends das Interesse im zeitlichen Verlauf für beide Suchbegriffe auswerten lassen und siehe da: im Interesse hat "Robo-Advisor" die "Anlageberatung" eindeutig überholt::
Google Keyword-Planer
Mit dem Google Keyword Planer kann man als Werbetreibender bei Google die Höhe der durchschnittlichen monatlichen Suchanfragen nach bestimmten Begriffen in Erfahrung bringen. Wir haben das für den Zeitraum von März 2015 bis März 2019 einmal gemacht und auch hier zeigt sich: nach einem Anstieg des Suchvolumens bis zum Januar 2017 verhaart selbigen seitdem auf einem ähnlichen Niveau.
Ein Vergleich mit deutlich häufiger gesuchten Begriffen wie "Geldanlage" und "Börse" zeigt, dass die Robo-Advisor nicht alleine sind. Obwohl der MSCI World im Vergleichszeitraum von März 2015 bis März 2019 um 18 Prozent gestiegen ist, konnte laut Google Keyword Planer weder das Suchvolumen nach "Robo-Advisor" noch das nach "Geldanlage" oder "Börse" zulegen:
Fazit
Robo-Advisor haben noch einen langen Weg vor sich, bevor sie größere Marktanteile am verwalteten Vermögen deutscher Privatanleger haben. Das seitwärts verlaufende Interesse bei Google Trends und im Google Keyword Planer zeigt, dass es neuer Impulse bedarf, um weitere Interessentenkreise anzusprechen.